JoKa Photography

Get outside every day. Miracles are waiting everywhere.
 
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"Je m'appelle Franck, et en ce moment je suis peintre!"

Ab hier kommt nur noch Meer bis zur anderen Seite. Man hört das Rauschen und riecht das Salz in der Luft. Die Sonne brennt vom Himmel, denn es geht auf Mittag zu und kaum ein Wölkchen wagt sich auf die große Bühne. In der Ferne kann man die Silhouette von La Désirade erahnen, der Strand mit dem grobkörnigen Sand läuft im Schutz der Riffe sanft geschwungen aus und führt direkt zu den Klippen der Pointe des Châteaux.

Ein Ort, wie geschaffen für einen Maler. Aber ist er das wirklich? Franck sitzt da, an der östlichsten Spitze Guadeloupes, entspannt, aber doch konzentriert, nur seine Leinwand zwischen sich und der Kulisse. Im Moment ist er Maler, sagt er. Aber eigentlich ist er noch viel mehr. Seemann ist er auch - mit seinem kleinen Segelboot ist er aus Frankreich über den Atlantik gekommen. Auf dem lebt er jetzt, wenn er nicht gerade malt. Hierher zur Pointe des Châteaux kommt er um seine neuen Ideen zu testen, manchmal kann er Bilder an die Touristen verkaufen die vorbeikommen. Für die malt er mehr so Kleinigkeiten; Blumen und Orchideen, stilisiert oder wirklichkeitsgetreu, die Bucht mit Tim und Struppi - Tintin, wie man hier sagt, oder Spiderman an einer Palme. Manche dieser Gemälde wirken hier eher kitschig-skurril. Aber er malt auch große Bilder wie er sagt. Nur eben nicht hier...

Franck will sich nicht festlegen, er hat drei Leben in Einem. Neben dem Meer und dem Pinsel hatte er noch ein großes Kapitel in seinem Leben: Früher war er einmal ein Croupier. Aber nicht so einer in so einem kleinen Feld-Wald-und-Wiesen-Kasino, so wie hier auf den Inseln, wo man vor allem Roulette spielt. Nein, er hat in den großen und teuren Kasinos in Frankreich gearbeitet und viel Geld verdient. Mit Smoking! "Schwer vorstellbar, was?", lacht er. Fünfzehn Jahre lang hat er das gemacht, und für die Schönen und die Reichen die Karten gegeben. Gérard Depardieu zum Beispiel. Außerdem war er einmal mit einer Millionärstochter verheiratet. Einen Sohn hat er auch in Frankreich... Ob das Leben ein Spiel ist? "Pas tout à fait!" - "Nicht ganz!", meint er abwägend. Ein wenig aber doch, findet er: "Chaqu'un son jeu." - "Jedem sein Spiel." Für manche sei das Spiel vielleicht zu groß... Aber wenn man nichts wagt, kommt man auch nicht weiter. Und wenn alle beim Altbekannten geblieben wären, dann würden wir heute Amerika nicht kennen! Das sei wie mit den Frauen, meint er, die Unereichbarsten sind auch die Anziehendsten.

Man glaubt ihm jedes Wort seiner Geschichte, so wie er da sitzt, mit den Plastikschuhen, die Haut braungebrannt und voller Lebenslinien. Jetzt lebt er so, so dass ihn andere einen Bettler nennen würden sagt er. Er läuft überall hin, oder fährt per Anhalter, verkauft seine Bilder für ein Abendessen, und sucht die Inspiration in der Bucht die dem alten Kontinent am nächsten liegt. Nur festlegen will er sich nicht. Und so bleibt die Frage... Wer ist Franck?

"Je m'appelle David, et je suis le skipper sur le voilier Madéo!"

Die Madéo schaukelt weiter draußen im flachen Wasser. Unsere Vorräte schaffen wir mit dem kleinen Dingi raus, drei Personen und ein paar Kilo Nudeln passen grade rein, dazu unsere Taschen, die Flossen und Taucherbrillen, Sonnencreme, Rum und ein Päckchen Zigaretten. Viel mehr haben wir nicht dabei, mehr als Badesachen und Handtuch werden wir auch nicht brauchen. Vielleicht noch ein T-Shirt. David holt uns am Pier ab, er ist unser Skipper die nächsten Tage.

Wir müssen ein paarmal fahren, dann sind alle fünf an Bord. David und wir vier Leichtmatrosen. Den Baguettevorrat haben wir an Land liegen lassen, aber was soll's, Nudeln tun's auch, denn Weltumsegler sind genügsam und einfallsreich in der Combüse mit dem was ihnen zur Verfügung steht.

David hisst die Segel, hebt den Anker und die Erste von uns Landratten steuert das Schiff aus der Bucht, während er die Segel richtet. Noch bevor wir aus der Bucht sind ist er einer von uns. Bis zur ersten Landzunge hilft uns noch der eingebaute Motor, damit wir schneller in den Wind kommen. Dann geht es nur mit Windkraft weiter. Wir kreuzen aus der Bucht heraus.

David will uns etwas zeigen: ein kleiner Einschnitt zwischen zwei Inseln, dort vertäut er das Boot an eine Boje. Ganz in der Nähe wird das Wasser so flach, dass man darin sitzen kann. Wir sind nicht die einzigen hier, andere haben sich dort schon gemütlich gemacht, ein paar Motorboote dümpeln auf dem Wasser. Uns nimmt er im Dingi aber mit auf die nächste Insel, die Îlet Chancel, dort leben Iguanas in den Ruinen einer alten Fabrik.

Zurück auf der Madéo verstauen wir unsere Siebensachen, als nächstes geht es aufs offene Meer. An der Küste entlang werden wir nach Norden segeln. Der Nächste von uns ist dran, die Madéo braucht einen Rudergänger. David macht es uns aber auch leicht, mit seiner entspannten Art, er strahlt eine Ruhe aus, die auf uns übergreift. Schon längst fühlen wir uns wohl und sind ganz im caribbean mood angekommen.

An der Insel Petit Piton wenden wir unter vollen Segeln nach Norden. Unser heutiges Ziel ist eine stille Bucht in der Halbinsel weiter nördlich, ganz in der Nähe vom Leuchtturm, dort werden wir übernachten. Man merkt David all die Jahre auf dem Wasser an... Warum muss diese Leine noch etwas gespannt werden, das Segel noch ein wenig mehr gedreht...? Er hat es im Gefühl. Dabei lässt er uns an den Manövern teilhaben, er zeigt uns wie man die Segel refft, das Schiff steuert, und bei dem Auf und Ab das Gleichgewicht hält.

Das Schiff ist leichter zu steuern als man denkt; bereitwillig, wenn auch ein wenig träge reagiert es auf jede noch so kleine Drehung am großen Steuerrad. Der Wind steht günstig, wir neigen uns mal mehr, mal weniger stark zur Seite, machen gute Fahrt. Mehr als eine Hand voll Knoten sind dabei nicht drin, wir fliegen nicht grade über das Wasser, aber dafür spürt man die Elemente. Jeder Wellenkamm wird erklommen, dann driften wir auf der anderen Seite wieder herab, am Steuer kann man das Rollen etwas ausgleichen, dabei pfeift einem der Wind um die Nase. Auf dem Wasser sind wir nicht die Einzigen. Immer wieder begegnen uns andere Segler.

Gut zwei Stunden später sind wir angekommen. David übernimmt, denn wir müssen den Weg zwischen den scharfkantigen Riffen hindurch finden, damit wir im ruhigen Wasser dahinter für die Nacht ankern können. Wir sind beeindruckt wie sicher und selbstverständlich er zwischen den Unterwasserhindernissen hindurchsteuert, einer Wasserstraße nach, die nur er sieht. Dann sind wir am Ziel. Mitten in der Bucht fällt der Anker, die Madéo rollt nur noch ganz leicht im ruhigen Wasser. Die Segel werden gerefft, und wir genießen den Sprung ins kühle Wasser. Unsere einzigen Nachbarn ankern nebenan, viel werden wir von ihnen nicht sehen, am nächsten Morgen werden sie schon weg sein, wenn wir aufstehen. Wir sind so gut wie allein in der Bucht.

Nach der ersten Abkühlung können wir wieder unter Deck. Innen ist die Madéo fast wie ein großer Wohnwagen, aber irgendwie doch nicht; die Wände sind sanft geschwungen, in einer Ecke hängt eine Uhr und ein Hygrometer, beide haben bereits etwas Patina angesetzt, sympathischerweise sieht man ihnen die Jahre in der Salzluft an, auch wenn alles blitzblank sauber und gepflegt ist. Durch die Luken glitzert türkises Wasser und die grüne Insel herein.

Zeit zum Entspannen, Schwimmen, an Deck in der Sonne liegen, oder um zur Insel rüber zu schwimmen und im Sand eine alte verrostete Kanone zu finden. Wir gönnen uns unseren ersten Rum.

Später ist Zeit fürs Abendessen. Wir haben auch eine kleine Combüse in einer Ecke. Es gibt natürlich Nudeln mit einer improvisierten Soße.

Wir sitzen noch zusammen, langsam wandert die Sonne dem Horizont entgegen. David hat so viele Geschichten zu erzählen. Wie er haarscharf von zwei Wasserhosen verschont wurde, als ihm auf der Flucht vor ihnen das Hauptsegel gerissen ist. Von Möven, die in Deckung hinter dem Mast im Wind standen und ihn stundenlang begleitet haben,... Wir hören Geschichten über seine Reisen auf dem Wasser, die Atlantiküberquerung in der Madéo und noch viele mehr. David ist eigentlich Bretone, das kleine schwarzweiße Wappen am Steuerrad zeugt davon. Madéo ist auch ein bretonisches Wort, es heißt so viel wie "Auf geht's, alles ist gut!". David ist praktisch auf dem Wasser geboren. Außerdem ist er ein Tausendsassa, kann Maschinen reparieren, mit Flaschen tauchen und unterwasser arbeiten,... Wenn man ein Boot in Stand halten will, kommen einem auch alle handwerklichen Begabungen zugute, die man sich vorstellen kann.

Wir sitzen noch lange und reden über Gott und die Welt. Bald kommt der Sonnenuntergang. Jeder hängt seinen Gedanken nach, genießt den Moment. Als es dunkel geworden ist, dreht der Lichtfinger des Leuchtturms seine Runden über uns.

Am nächsten Morgen wachen wir früh auf. Die Nacht war erholsam. Irgendwann hatten wir uns auch an das Geschaukel gewöhnt und sind eingeschlafen. Mitten in der Nacht wurden wir vom Wasser geweckt, der angekündigte Regen war da. An Deck hätten wir also wirklich nicht gut geschlafen, so schließen wir im Halbschlaf nur die Luken und träumen weiter. Den neuen Tag beginnen wir mit einem grandiosen Frühstück unter der Takelage, mit Kaffee und Pfannkuchen! Von Regen keine Spur mehr, die Sonne strahlt schon auf uns herunter!

Es ist noch Zeit für einen letzten Sprung von der Bordkante, dann machen wir die Madéo wieder fertig für die offene See.

Wir segeln wieder Richtung Süden, das Ziel ist eine kleine namenlose Insel direkt neben der Îlet Oscar. Die Madéo liegt schräg im Wasser und kämpft sich brav Welle um Welle nach Süden, und wir mit ihr. Unsere Haut ist inzwischen von einer dicken Salzschicht bedeckt, der Wind bläst uns unsere stränigen Haare um die Ohren.

Am Ziel angekommen werden die Segel gerefft, der Anker fällt, und wir genießen wieder einmal den Sprung ins Meer. Wir sind an einem traumhaften Ort gelandet, David weiß mal wieder den perfekten Platz um zu ankern, das Wasser schimmert türkis, die Îlet Oscar ist nicht weit entfernt, verdeckt die namenlose Insel hinter sich, die Sonne scheint vom blauen Himmel herab. Aus der Anlage kommt Moby - Porcelain... Wir sind auf der Reise angekommen.

Später setzt uns David mit dem Dingi auf der namenlosen Insel am Strand ab; es tut gut mal wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, der Sand ist warm, das Wasser auch und wir genießen ein wenig Ruhe. Kurz bevor uns David abholen kommt sammeln sich immer mehr Boote am Strand. Lauter Weiße, Familien, Kinder und Jugendliche. Wie auf Kommando sind sie hier aufgetaucht. Man kennt sich wie es scheint, und trifft sich zu einer Art Barbecue auf dem Wasser. Die unbeholfenen Annäherungsversuche einer egozentrischen älteren Dame und eines sehr von sich überzeugten jungen Kerls lassen uns kopfschüttelnd zurück.

Später werden wir erfahren, das sind die sogenannten Béké, reiche Weiße, angeblich die Nachkommen der ersten weißen Siedler auf den karibischen Inseln. So oder so ist es auf Martinique der Begriff für die reichsten Familien, die die Insel wirtschaftlich kontrollieren, Preise diktieren, und über das Wohl und Wehe aller größeren Unternehmen bestimmen. Als eine große französische Supermarktkette versucht haben soll, auf der Insel Fuß zu fassen und die Einheimischen mit attraktiveren Preisen anzulocken, soll das Zentrallager aus ungeklärter Ursache angeblich nicht beliefert worden sein, so sagt man. Die Kette hat seine gerade eröffneten Filialen wieder schließen müssen. Diese und andere Geschichten kann man erfahren, wenn man nachfragt. Gerne redet keiner drüber auf Martinique, es ist ein unleidliches Thema, besonders für die Kreolen. Man hat bereits versucht die Macht der Béké zu brechen, vor ein paar Jahren hat das alles zu wochenlangen Zentralstreiks geführt, die die gesamt Insel lahmgelegt haben. Kein Benzin, rationierte Nahrungsmittel... Hier haben die Béké allerdings den längeren Atem bewiesen, sie haben sich halten können. Ganz im Gegensatz zu Guadeloupe. Dort ist man stolz darauf, die Béké rausgeschmissen zu haben. Wie eng Vergangenheit und Gegenwart miteinander zusammenhängen, sieht man nicht nur an den Kritzeleien und Zeichnungen von Sklavengaleeren, die man in den Ruinen der Anwesen auf der Îlet Chancel immer noch finden kann...

Wir lichten ein letztes Mal den Anker, David manövriert uns wieder mit sicherer Hand an den Riffen vorbei aufs offene Meer. Es geht Richtung Norden, unser Segeltrip geht dem Ende zu, in ein paar Stunden werden wir wieder dort zurück sein, von wo wir aufgebrochen sind. Mit David könnten wir noch weiter segeln, eine längere Tour machen, Abenteuer erleben. Man hat das Gefühl, er lebt seinen Traum, hat den Mut und einen Weg gefunden mit seiner Lebensgefährtin ein ungebundenes, freies Leben zu führen, sich nicht vom Alltag anbinden zu lassen und seine Visionen in die Tagträume zu verdrängen. Und dabei ist er entspannt geblieben, hat sich nicht selbst verloren, auf der Suche nach der Freiheit. Vielleicht weil er mit seiner Frau bereits in seinem Alltag angekommen ist - immer mit Blick aufs Meer und den Horizont.

"Je m'appelle Jean, et je te prépare du jus local frais!"

Sein Stand fällt auf, denn einige Leute stehen an, oder sitzen davor, an den klapprigen Plastiktischen unter dem Schatten spendenden Vordach. Irgendwie herrscht hier überall gute Laune, lachend und schwatzend vertreiben sich die Kunden die Zeit und saugen ab und zu an den Strohhalmen in ihren Pappbechern. Man hat das Gefühl, einen kleinen Erholungsort gefunden zu haben, inmitten der geschäftigen Fußgängerzone von Fort-de-France, gleich gegenüber vom Hintereingang des Cours Perrinon. Hier ist keine Hast zu spüren, niemand scheint es eilig zu haben.

Zentrum des Geschehens ist der Mann hinter der Theke, im Inneren der Hütte. Jean hat für jeden Kunden ein nettes Wort oder einen flapsigen Spruch übrig. Auf kreolisch geht es hoch her, besonders die martiniquanischen Kunden sind nie um eine Antwort verlegen, es wird viel gelacht und gewitzelt. Gleichzeitig mixt er in Windeseile seine Säfte, schneidet Früchte klein und befüllt Becher und Flaschen - besonders letztere frei Hand und mit einer Präzision die ihresgleichen sucht. Nicht ein einziger Tropfen geht daneben, wenn er den frischen Saft in hohem Bogen aus dem Messbecher in die Flaschenöffnung schießen lässt.

Es gibt kleine und große Becher, die Kleinen werden allerdings kaum verlangt. Sein Angebot ist riesig. Von Ananas über Mango und Passionsfrucht, Guajave und Melone bis hin zu Karotte ist alles dabei. Es gibt natürlich nicht jeden Tag die gleichen Früchte. Man muss eben wissen wann und wo man welche Früchte in guter Qualität bekommen kann, sagt er. Die Fruchtzusammenstellung kann man dann ganz frei nach Wunsch wählen. Außerdem muss man entscheiden, ob man zusätzlich noch ein wenig Zucker in seinem Fruchtsaft haben möchte oder nicht. Für die Mischung aller Früchte empfiehlt er es schon, denn sonst erschlägt einen die Geschmacksexplosion. Wo er Recht hat, hat er Recht. Die Mischung ist sowieso so ganz anders als alles was man im Supermarkt kaufen kann, vor allem nicht so wässrig, Und dann schmeckt man deutlich, dass sie ganz frisch zubereitet worden ist, ohne Konservierungsstoffe oder Stabilisatoren, all das hat sein "jus" natürlich nicht nötig. Ohne Zucker schmeckt die bunte Mischung erstmal aber schon ein bisschen ungewohnt. Sehr kräftig fruchtig, herb und ein wenig schwer.

Eigentlich kommt Jean aus Guadeloupe, aber er ist nun schon 20 Jahre hier auf Martinique, und betreibt seinen Stand. Er war schon lange nicht mehr dort, meint er. Ob er Guadeloupe vermisst? Naja dort sind die Leute direkter, sagt er. Dort sagen sie einfach geradeheraus was sie denken. Man merkt aber schon, dass er sich auch hier ganz gut eingelebt hat. Wenn man einen Moment auf den Aluminiumstühlen vor seinem Stand sitzt, den blauen Himmel genießt und den vorbeilaufenden Leuten zuschaut, sieht man auch viele Stammkunden zu Jean kommen. Der gut angezogene Herr mit Hemd und Schlips, vielleicht ein Büroangestellter bei einer ausgedehnten Mittagspause, ebenso wie der älterer Herr von um die Ecke, der sich seine Literflasche "jus mixte" abfüllen lässt. Jedoch das Großereignis schlechthin auf Martinique, die Tour de Yole, die gerade um die Insel zieht, die ist nicht sein Ding. Da verzieht er das Gesicht, als hätte er in eine seiner Zitronen gebissen... Der Aufstand, und die Massen von Menschen die am Strand durchdrehen und lautstark feiern... Nein, das braucht er nicht. Außerdem bleiben ihm da im Zentrum von Fort-de-France die Kunden weg, meint er, wenn die Hälfte der martiniquanischen Bevölkerung den Jollen hinterher um die Insel zieht.

Dennoch. Inzwischen haben einige Kunden bei Jean ihren Fruchtsaft bekommen, und alle gehen zufrieden davon, mit einem Lachen auf dem Gesicht. Auch eine Streife der Gendarmerie hat gehalten, um sich mit "jus mixte" zu versorgen.

Hat man seinen Fruchtsaft ausgetrunken, fühlt man sich, als hätte man eine ganze Mahlzeit zu sich genommen, man kann die Vitamine und den Fruchtzucker förmlich durch den Körper zirkulieren spüren. Und so kann man sich auch wieder gut gestärkt hinaus in die Sonne wagen, seinen Weg durch die kleinen Straßen von Fort-de-France fortsetzen, "à une prochaine fois", bei Jean und seinem Fruchtsaftstand...

"Je m'appelle Karene. Mon histoire, c'est que ma mère est décédée il y a quatre ans"

"Ich heiße Karene. Meine Geschichte ist, dass meine Mutter vor vier Jahren verstorben ist.", sagt sie ganz schlicht. "Sie war krank", fügt sie hinzu. Und dass sie Geschwister hat, und einen Vater.

Man merkt, dass sie ihr sehr fehlt, denn wenn sie von ihr spricht, verschwindet das Lächeln aus ihrem Gesicht. Aber nur für einen Augenblick.

"Je m'appelle Monsieur Josef Saxemard, et je suis Coiffeur."

Direkt neben dem belebten Boulevard Général de Gaulle beginnt eine andere Welt. Keinen Steinwurf entfernt befindet sich der Frisörsalon der Gebrüder "Saxemard J & F". Sieht man durch die unscheinbaren Holzfensterrahmen hindurch, von denen bereits die Farbe abbröckelt, und deren Fensterläden gerade weit geöffnet sind, hat man den Eindruck die Zeit ist stehengeblieben. Die Szenerie könnte auch direkt aus einem Film aus den Sechzigern entliehen worden sein. Man sieht auf den ersten Blick, hier wird nach der alten Schule gearbeitet.

Wenn er nicht gerade selbst in seinem Frisörstuhl sitzt um ein Nickerchen zu machen, empfängt einen der Meister unter der Türe, wie kann man behilflich sein? Ohne Termin versteht sich, man ist hier nicht unter Zeitdruck. Man setzt sich auf den einen der beiden sehr alten Frisörstühle. Alt, aber sehr stabil und mit sehr viel Flair! Kunstvoll wird einem ein Leinentuch um den Hals geworfen und sorgfältig festgesteckt, gegen die Schnitthaare...

Dann wird das Kunstwerk begonnen. Man nimmt sich Zeit hier. Ein einfacher Männerhaarschnitt kann schon mal neunzig Minuten dauern. Besonders wenn sonst keine Kunden warten. Aber es geht ja schließlich auch um die Frisörehre, dass da kein Haar heraussteht oder aus der Reihe tanzt. Als Kunde sitzt man selbst sehr gerade in dem Stuhl. Fast würdevoll. Vielleicht wegen dem Hauch der Jahrzehnte und der Haltung, mit der Generationen von Kunden hier Platz genommen haben müssen. Aber andererseits bleibt einem ja auch wenig übrig, denn wenn man sich nicht ein wenig streckt, kann man sich im Spiegel kaum sehen, bei all den Tiegeln und Töpfen, Flacons und Fläschen, die sich davor auftürmen.

Die Schere des Meisters, hat den Scherenschleifer schon oft gesehen, sie ist genauso altehrwürdig, wie das Rasiermesser und der Kamm, an dem zwei Zinken fehlen. Zwischendurch ein paar Sprüher aus dem Wasserflacon, damit sich die Haare schön legen. Dann ein Sprüher mit dem Parfumflacon. Das Kunstwerk schreitet voran. Es wird ein sehr klassischer Schnitt werden, an den Seiten kürzer und oben länger, so dass die Haare zu einer Seite fallen.

"Je m'appelle Frantz Saxemar, je suis Coiffeur aussi."

Draußen vor der Türe lehnt Herr Saxemar, der jüngere der beiden Brüder, und pfeift zu einem französischen Schlager, der über die Straße schallt. Dazwischen grüßt er die Vorbeigehenden. Man kennt sich auch hier. Über ihm pendelt das kleine Schild, das drauf hin weist, dass hier der Frisörsalon der Herren Saxemar zu finden sei.

Unter dem Schneiden kommt man ins Gespräch, die Nichte von Herrn Saxemar dem Älteren, ist mit ihrem Mann wieder nach Martinique gezogen. Aus der "Metropole", also vom Festland. Dort hat er selbst auch seinen Militärdienst gemacht. In Marseille. Und zwischen dem Flughafen und der Innenstadt von Fort-de-France soll eine Tram gebaut werden. Auch die Streckenführung kann man hier erfahren. Die meiste Zeit aber ist er stumm konzentriert auf seine Arbeit. Eine Frage der Ehre möchte man meinen.

Man fühlt sich wirklich in die Sechziger zurückversetzt. Sa sitzt man nun, in einem Sammelsurium von Scheren, Rasierpinseln und -messern, Zerstäubern und Puder, und wird frisiert. Von draußen schallt inzwischen lautstark ein altes französisches Chanson durch die offenen Fenster herein. Monsieur Saxemar brummt es von Zeit zu Zeit mit, ganz in seine Arbeit vertieft...

"Je m'appelle Isabelle, et je suis la responsable du FAST MOTO SERVICES"

Sie steht vor der kleinen Motorradwerkstatt in Fort-de-France und saugt an ihrer Zigarette. Es ist bestimmt nicht die Erste heute, und es wird auch nicht die Letzte sein. Die Spätnachmittagssonne scheint quer über die Straße, aber in den hinteren Winkel der kleinen Werkstatt dringt sie nur mit Mühe, dort herrscht das Neonlicht, ein Radio läuft.

Sie gehört hierher, das kann man sehen. Dennoch fällt sie auf auf der Straße, zwischen den karibischen Gesichtern, den Schwarzen und Kreolen, den zahnlosen Alten, die am Fenster an der Straße auf die Gelegenheit für ein Pläuschchen warten, den Barbesuchern, die die letzten Fußballergebnisse diskutieren und den Halbstarken, die neben ihren aufgebohrten Mofas und Motorrädern herumlungern.

"Ich heiße Isabelle, und ich bin die Verantwortliche für FAST MOTO SERVICES.", verrät sie. In dem kleinen Unternehmen in der Rue Jules Monnerot im Quartier Terresainville verkaufen sie alles, was man so als Motorradfahrer brauchen kann. Von der neusten Helmvisierkollektion über Schutzkleidung bis zu Vorderradgabel und Sportauspuff. Ihr Platz ist mehr hinter der Theke, im klimatisierten, nach Reifengummi riechenden Laden nebenan, aber ihre Leidenschaft ist das Motorradschrauben. Sie hat es im Lauf der Zeit gelernt, als Hobby hat es angefangen und jetzt kann sie an den Maschinen alle kleineren Arbeiten machen... Hier ein Schutzblech wechseln, da eine Bremse einstellen... Für größere Arbeiten wie einen Motorwechsel fehlt sowieso der Platz, sagt sie. Und dann ist da noch ihr Mechanikerkollege. Der sitzt zwar grade sehr bequem und unverrückbar vor dem Fernseher im Laden und schaut amerikanische Motoradtuningserien, aber sonst macht der die ganzen größeren Arbeiten.

Es ist eine echte Werkstatt, ganz so wie man sich ein kleines Schrauberparadies vorstellt: Zwischen Motorteilen und abgenutztem Werkzeug stehen alte Dosen und Gläser herum, gefüllt mit allerlei Nützlichem und sonstigem Krimskrams. An der Wand hängen Pin-Up Girls neben sauber aufgereihten Schraubenschlüsseln und anderem Werkzeug. Links steht ein Motorrad an dem wohl gerade gebastelt wird; der Sitz und die Abdeckungen fehlen.

Auf die Jugendlichen angesprochen, die sich ohne Helm und mit lebensverachtender Geschwindigkeit zwischen den Autos auf der Rocade durchschlängeln wird sie ernst. Ja das ist wirklich Wahnsinn, wie die fahren. Noch dazu ohne Helm. Bei manchen passt der Helm halt auch nicht mehr über die Rasta-Locken, aber trotzdem, sie sagt ihnen immer, dass sie nicht ohne Helm fahren sollen. Genug enden im Krankenhaus. Mofas aufblasen, das machen sie hier eh nicht, versichert sie.

Seit zehn Jahren ist sie schon hier. Nach Frankreich geht sie nicht mehr, sagt sie. Viel zu kalt! Natürlich ist es etwas anderes hier zu arbeiten, als hier nur Urlaub zu machen, aber trotzdem, sie geht hier nicht mehr weg. Daheim kann man bestenfalls acht, neun Monate Motorrad fahren, hier fährt sie 12 Monate im Jahr! Und auf der Straße kennen sie alle, hat man den Eindruck. Sogar der Müllmann, der hinten auf dem Müllauto hängt, grüßt sie. Und immer grüßt sie lässig zurück... Ja sagt sie, Martinique ist halt eben doch eine kleine Insel, da kennt man sich. Außerdem ist sie auf der ganzen Insel der einzige weibliche Motorradmechaniker, verrät sie stolz, da wird man schnell bekannt. Einer ihrer Kunden hat ihr einen Spitznamen verpasst, "Ti Bouchon" - "Kleiner Stöpsel"... Irgendwie ist der Name aus einem Scherz entstanden, und dann an ihr hängen geblieben. Nun ziert er auch ihr eigenes Motorrad, ein schnelles schwarzes mit gelben Zierstreifen rings um die Felgen.

Und auf der Straße gibt ein Motorrad Vollgas, fährt mit großen Getöse vorbei, kaum hat man sich umgedreht, ist es schon weg... Sie winkt lachend hinterher. Schade dass du das nicht hast fotografieren können, strahlt sie. Der ist nur auf dem Hinterrad vorbeigefahren! ...ein Wheely!

 

"Je m'appelle Marsillon, et je n'ai pas grand choses à raconter."

Alleine sitzt er da neben der Rolltreppe, ein kleiner Ruhepunkt im Einkaufszentrum in Fort-de-France, in seinen abgewetzten Glattlederschuhen, der braunen Hose mit der Bügelfalte und dem rosaroten Hemd, versunken in seine Tageszeitung. Er heißt Marsillon, sagt er, und er hat keine großen Geschichten zu erzählen.

Er ist Witwer. Seine Frau ist vor 10 Jahren gestorben. Wie alt er ist? Nein, sowas fragt man doch nicht... Aber er hat drei Kinder, und seine Tochter ist schwanger. Fließenleger war er früher mal. Sowas da, und dabei deutet er auf den gefließten Boden, sowas hat er gemacht.

Heute ist er hierher gekommen weil er etwas zu erledigen hatte in den Läden, sagt er unbestimmt. Und da liest er eben auch seine Zeitung, die er sich gerade gekauft hat. Dabei lacht er freundlich, so dass sich noch mehr Lachfalten um seine Augen bilden. Große Geschichten aber, hat er nicht zu erzählen...

„Je m’appelle Benoît, je suis officier de la garde du BPC MISTRAL.“

14°36'07.2"N 61°03'37.0"W

An Bord der MISTRAL, dem zweitgrößten Schiff der franösischen Marine, vor Anker im Hafen von Fort-de-France, Martinique.

Das Schwesterschiff der Tonnerre und der Dixmude ist ein Koloss von einem Schiff - fast 200 Meter lang und 32 Meter breit ragt es mit seiner Silhouhette über den Hafen hinaus. Man sieht es schon von weitem, trotz des unauffälligen grauen Anstrichs, wenn man die kurvige Berg- und Talfahrt der Rocarde fährt. Es ist ein Hubschrauberträger, oder laut der Bezeichnung der französischen Marine ein BPC, ein Bâtiment de Projection et de Commandement.

Benoît ist ein zurückhaltender freundlicher Mann, doch er stellt sich vor, er ist der kommandierende Offizier. Das heißt solange der Commandant nicht an Bord ist, hat er den Hut auf, sagt er, und grinst dabei verhalten. Seinen eigenen Hut wollte er für das Foto dann doch noch extra aufsetzen. So sieht man auch alle äußeren Zeichen des Rangs: Offiziere sind komplett in weiß gekleidet - sogar die Schuhe und der Gürtel sind weiß - und tragen die Offiziersmütze auf der Kopf. Blitzblank geputzt und ohne Flecken versteht sich, trotz der karibischen Hitze. Auch der Maat an Deck behandelt ihn respektvoll. Die MISTRAL sagt Benoît, hat auf der letzten Fahrt insgesamt fast 600 Menschen befördert. Derzeit befindet sie sich der Mission "Jeanne d'Arc", einer mehrmonatigen Reise, die das Schiff schon um den halben Atlantik gebracht hat. Mit dabei sind nicht nur die Stammbesatzung, sonder auch Offizierschüler und Mitglieder der Armée de Terre, des Heeres. Im Lauf der Mission wurden mehrere Manöver und Übungen durchgeführt, innerhalb des Schiffes und auch zusammen mit Verbündeten, zum Beispiel in Brasilien.

Die Mistral ist eine Art Multifunktionsschiff. Im Welldeck warten Landungsboote auf den Einsatz, eine Etage darüber ist Platz für schweres Gerät, und noch eine Etage höher, sind die Hubschrauber untergebracht, die für den Einsatz auf das flache, 1450 m² große Flugdeck gebracht werden, das nur noch von der Brücke überragt wird. Außerdem verfügt es über eine Krankenstation mit 69 Betten, eine radiologische Einheit und zwei Operationssäle. Auch der Hubschrauberhangar kann bei Bedarf in ein Feldlazarett verwandelt werden, so dass das Schiff als Kommando- und Trägerschiff, aber auch als Lazarettschiff verwendet werden kann.

Nachdem man das Schiff über die Gangway, beziehungsweise die "passerelle", betreten hat, arbeitet man sich von unten nach oben durch: Das Welldeck ist nicht geflutet, man sieht die Landungsboote auf dem Trockenen liegen, dazwischen werkeln Matrosen mit Gabelstaplern und Kränen. Eine große Rampe führt in die zweite Etage: Dort herrscht gähnende Leere. Nur im hintersten Eck ist noch ein klimatisierter Kontainer, hier stehen Laptops für die Mannschaft zur Verfügung und die Musikinstrumente der Bord-Band.

"Je m’appelle matelot Brandon, je suis en restauration."

Brandon ist Matrose, er arbeitet in der Gastronomie des Schiffes. Er ist seit Anfang 2014 auf dem Schiff. Bald schon fünf Monate. Viel Zeit für Hobbies hat man nicht während der Arbeit, sagt er. Er hat für drei Jahre angeheuert, die ist er durchgehend auf dem Schiff, abgesehen vom Urlaub. Auf dieser Mission haben sie schon in einigen Ländern angelegt: Afrika, Brasilien, Guyane, Guadeloupe, und jetzt in Martinique. Als nächstes soll es in die USA gehen. Und dann endlich wieder nach Hause, nach Frankreich. In dem leeren Hangar weiß er, hatte bis gestern noch die Armee de Terre 50 Laster stehen. Die sind jetzt aber ausgeladen worden. Am Pier stehen noch ein paar.

Weiter geht es durch die kahlen, fensterlosen, spiegelnden Gänge und über graugestrichene Treppen auf denen jeder Schritt durch alle Decks hallt. Das Schiff ist auch im Inneren ein Koloss, Kabelstränge führen überallhin, Abluftschächte und Rohre scheinen einem den Weg zu weisen. In den Mannschaftsbereichen hinter der Gangway waren die Gänge mit Teppich ausgekleidet und an der Wand hingen kleine Schilder, die, ganz wie Straßenschilder, jedem Gang einen Namen zuweisen. Wohl weniger zur Orientierung der Mannschaft, als als kleine Erinnerung an die Welt draußen, an das Festland. Hier, in den Funktionsbereichen ist solcher Schnickschnack nicht mehr zu finden.

HInter einer großen Doppeltür stehen Betten aufgereiht. Die Krankenstation, zumindest einer der Räume. Alles sieht so aus, als wäre es sofort einsatzbereit. Man möchte sich nicht vorstellen wie es hier zugeht, wenn das Schiff als Lazarettschiff verwendet wird. Dann kann das Schiff in ein komplettes Krankenhaus umgebaut werden.

"Je m'appelle Julien, je suis ponev sur le BCP Mistral, et je m’occupe des helicopters."

Unter Deck ist es nicht gerade kühl, und trotz seiner Uniform, deren Ärmel er wie alle Heeressoldaten auf dem Schiff hochgekrempelt hat, ist Julien gutgelaunt. Ponev ist die Abkürzung für pont d'envol erklärt er, das heißt er kümmert sich um die Helikopter, die Instandhaltung und die Einsatzbereitschaft und bringt sie an Deck, wo sie den Flugmannschaften übergeben werden. Julien gehört zur Armée de Terre, wie man schon an seiner Uniform sieht. Auch er ist schon vier Monate auf dem Schiff. Noch zwei Monate bis er wieder daheim ist. Die Familie und die Freunde erwarten ihn, einfach ist das auch für ihn nicht, sagt er. Wenigstens kann man kommunizieren. Zwar können sie auf dem Schiff nicht angerufen werden, aber selbst können sie anrufen, zum Beispiel eben die Familie zuhause. Und das für den gleichen Minutenpreis, wie innerhalb Frankreichs, egal wo auf den Weltmeeren sie sich gerade befinden. Er tut aber auch sein Bestes um von der Umgebung zu profitieren, in der sie ihren Dienst verrichten. Am Wochenende hat er Ausgang, man wird sich am Strand wiedersehen. Er nutzt die Gelegenheit sich zu informieren, welcher Strand sich lohnt und wo man feiern gehen kann. Das Ti Sable am anderen Ende der Bucht? Kein Problem sagt er strahlend, sie haben sogar ein Auto an Bord! Er scheint stolz zu sein auf seine Arbeit und den Dienst den er an Bord der MISTRAL verrichtet. Er erklärt sie haben derzeit drei Hubschraubertypen an Bord: zwei PUMA, zwei GAZELLES und eine ALOUHETTE.

Die stehen ein Deck höher.Mit schweren Ketten und Stahlgewinden gut verzurrt und mit eingefalteten Rotoren. Schließlich muss bei schwerem Seegang ja alles an seinem Platz bleiben damit die militärische Ordnung gewahrt bleibt. Erstaunlich ist es aber schon, wie viel Platz in einem Schiff doch ist. Auch hier gibt es Kräne und Lastenaufzüge so dass die Maschinen auch gewartet und repariert werden können wenn das Schiff lange Zeit auf See bleibt.

Ein paar Stufen höher, nach einem letzten Blick auf den Helikopterhangar betritt man das Flugdeck. Hier weht einem wieder ein frischer Wind um die Nase, der auch die große fanzösische Flagge knattern lässt, die stolz am Heck aufgezogen ist.

Fünf Hubschrauberlandeplätze befinden sich auf dem Deck, alle mit einem großen Kreis gekennzeichnet. Den Überblick über das Flugfeld hat man vom Turm aus - hinter der Brücke.

Das Flugdeck ist riesig. Hier hätten definitiv einige Volleyballfelder Platz. Oder man könnte es für Freiluftkino nutzen, mit der Garantie den Sonnenuntergang nicht zu verpassen, oder man könnte ein Openairfestival machen. Aber halt, das geht ja nicht. Schon deshalb, weil es am Rand schnurgerade mindestens sieben Stockwerke nach unten geht. Und im Moment ist nur auf einer Seite Wasser. Da hält man doch lieber Abstand von der schwarz-gelben Reling, zumindest dort wo es eine Reling gibt.

Der Ausblick ist dennoch einmalig. Auf der einen Seite sieht man bis ans andere Ende der Baie de Fort-de-France nach Anse Mitan, auf der anderen Seite liegt Fort-de-France. Das einzige Hochhaus der Stadt liegt von hier aus hinter dem Fort Saint Louis, alle Häuser schauen daher ganz klein aus. Über der Stadt hängen mal wieder dunkle Regenwolken, wahrscheinlich werden sie wieder ein paar warme Tropfen fallen lassen und dann schnell weiter aufs offene Meer hinausziehen, wo jetzt noch blauer Himmel ist.

Die MISTRAL hebt in drei Tagen wieder den Anker und fährt Richtung USA. Eigentlich sollte dort auch ein Deal mit Russland verhandelt werden, über die Lieferung von mehreren Schiffen der MISTRAL-Klasse. Doch das - so war im Bauch des Schiffes zu erfahren - steht ja jetzt sowieso in den Sternen... Es scheint so, also wäre im Zuge der letzten Ereignisse auch zwischen Frankreich und Russland ein reservierterer Ton angeschlagen worden. Bleibt abzuwarten inwieweit die große Politik und die großen Schiffe einen Weg finden miteinander auszukommen.