"Je m'appelle Monsieur Josef Saxemard, et je suis Coiffeur."

Direkt neben dem belebten Boulevard Général de Gaulle beginnt eine andere Welt. Keinen Steinwurf entfernt befindet sich der Frisörsalon der Gebrüder "Saxemard J & F". Sieht man durch die unscheinbaren Holzfensterrahmen hindurch, von denen bereits die Farbe abbröckelt, und deren Fensterläden gerade weit geöffnet sind, hat man den Eindruck die Zeit ist stehengeblieben. Die Szenerie könnte auch direkt aus einem Film aus den Sechzigern entliehen worden sein. Man sieht auf den ersten Blick, hier wird nach der alten Schule gearbeitet.

Wenn er nicht gerade selbst in seinem Frisörstuhl sitzt um ein Nickerchen zu machen, empfängt einen der Meister unter der Türe, wie kann man behilflich sein? Ohne Termin versteht sich, man ist hier nicht unter Zeitdruck. Man setzt sich auf den einen der beiden sehr alten Frisörstühle. Alt, aber sehr stabil und mit sehr viel Flair! Kunstvoll wird einem ein Leinentuch um den Hals geworfen und sorgfältig festgesteckt, gegen die Schnitthaare...

Dann wird das Kunstwerk begonnen. Man nimmt sich Zeit hier. Ein einfacher Männerhaarschnitt kann schon mal neunzig Minuten dauern. Besonders wenn sonst keine Kunden warten. Aber es geht ja schließlich auch um die Frisörehre, dass da kein Haar heraussteht oder aus der Reihe tanzt. Als Kunde sitzt man selbst sehr gerade in dem Stuhl. Fast würdevoll. Vielleicht wegen dem Hauch der Jahrzehnte und der Haltung, mit der Generationen von Kunden hier Platz genommen haben müssen. Aber andererseits bleibt einem ja auch wenig übrig, denn wenn man sich nicht ein wenig streckt, kann man sich im Spiegel kaum sehen, bei all den Tiegeln und Töpfen, Flacons und Fläschen, die sich davor auftürmen.

Die Schere des Meisters, hat den Scherenschleifer schon oft gesehen, sie ist genauso altehrwürdig, wie das Rasiermesser und der Kamm, an dem zwei Zinken fehlen. Zwischendurch ein paar Sprüher aus dem Wasserflacon, damit sich die Haare schön legen. Dann ein Sprüher mit dem Parfumflacon. Das Kunstwerk schreitet voran. Es wird ein sehr klassischer Schnitt werden, an den Seiten kürzer und oben länger, so dass die Haare zu einer Seite fallen.

"Je m'appelle Frantz Saxemar, je suis Coiffeur aussi."

Draußen vor der Türe lehnt Herr Saxemar, der jüngere der beiden Brüder, und pfeift zu einem französischen Schlager, der über die Straße schallt. Dazwischen grüßt er die Vorbeigehenden. Man kennt sich auch hier. Über ihm pendelt das kleine Schild, das drauf hin weist, dass hier der Frisörsalon der Herren Saxemar zu finden sei.

Unter dem Schneiden kommt man ins Gespräch, die Nichte von Herrn Saxemar dem Älteren, ist mit ihrem Mann wieder nach Martinique gezogen. Aus der "Metropole", also vom Festland. Dort hat er selbst auch seinen Militärdienst gemacht. In Marseille. Und zwischen dem Flughafen und der Innenstadt von Fort-de-France soll eine Tram gebaut werden. Auch die Streckenführung kann man hier erfahren. Die meiste Zeit aber ist er stumm konzentriert auf seine Arbeit. Eine Frage der Ehre möchte man meinen.

Man fühlt sich wirklich in die Sechziger zurückversetzt. Sa sitzt man nun, in einem Sammelsurium von Scheren, Rasierpinseln und -messern, Zerstäubern und Puder, und wird frisiert. Von draußen schallt inzwischen lautstark ein altes französisches Chanson durch die offenen Fenster herein. Monsieur Saxemar brummt es von Zeit zu Zeit mit, ganz in seine Arbeit vertieft...